Luise Rauhaus
Jüdische Mitbürger
Schon vor der sogenannten Kristallnacht standen SA-Leute, darunter einige bekannte Gevelsberger und vor allen Dingen auch Leute, die jahrelang zuvor bei uns gekauft hatten, vor dem Eingang des Geschäftes, um Käufer abzuschrecken.
In der Regel waren es zwei bis drei SA-Leute, während vor dem nicht weit entfernten, aber sehr viel größeren Geschäft Rosenthal durchweg immer fünf bis sieben SA-Leute in Uniform standen. Schilder mit der Aufschrift „Deutsche, kauft nicht bei Juden“ taten ihre zusätzliche Wirkung, so dass nach und nach die Kunden wegblieben.
Ein Lied aus jener Zeit, das oft grölend gesungen wurde, begann „Und das Judenblut muß fließen knüppel-, knüppeldick“. Oft stand während solcher Lieder die Familie Steuer verängstigt am Fenster, und Tränen standen in ihren Augen.
Anfänglich versuchten einige beherzte Gevelsberger, durch Scheinkäufe diesem Druck zu begegnen; sie kamen mit einem leeren Schuhkarton aus dem Geschäft, um zu zeigen, daß sie doch bei einem Juden gekauft hatten.
Quelle: Bürger erinnern sich. Ein Lesebuch für Erwachsene zur hundertjährigen Geschichte der Stadt Gevelsberg, Hrsg. Stadt Gevelsberg 1987